Bionik und Biodiversität: Innovationen aus der Natur - Der Bionische Öl-Adsorbierer BOA

 

Mit diesem Problemfeld beschäftigt sich das von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) von 2019 bis 2022 geförderte Projekt der Universität Bonn in Kooperation mit der RWTH Aachen: Die Entwicklung eines auf dem Wasser flottierenden Bionischen Öl-Adsorbiers (BOA), der passiv ohne Energiezufuhr mit Funktionstextilien in der Lage ist, hoch effizient Öl aus Wasser zu adsorbieren und zur Entsorgung in einen Sammelbehälter zu transportieren. Diese neuartige Technologie kann vermutlich in geeigneter modifizierter Anwendung auch im marinen Bereich (z.B. Hafenbecken) und die Textilien bei der industriellen Oil-Water-Separation (z.B. Bilgenwasser) eingesetzt werden.  

Grundlage waren die nach der Entdeckung und bionischen Umsetzung des Lotus-Effektes und des Salvinia-Effektes seit 2008 an der Universität Bonn (AG Prof. W. Barthlott) durchgeführten Arbeiten zu effizienter Adsorption und schnellem passiven Transport von Öl auf biologischen Oberflächen. Es fanden sich dabei Organismen (vor allem Pflanzen), die mit teilweise höchst komplexer Oberflächenarchitektur (wie der Schwimmfarn Salvinia molesta) dazu optimal in der Lage sind. Folgend wurde in Bonn eine entsprechende bionische Technologie entwickelt und zum Patent angemeldet.

In Zusammenarbeit mit der RWTH Aachen und einem Industriepartner wurden danach geeignete Funktionstextilien identifiziert, die bereits in 6 cm breiten Streifen überraschenderweise bis zu einem halben Liter Diesel-, Heiz- oder Motoröl pro Stunde von einer Wasseroberfläche in einen entsorgbaren Sammelbehälter transportieren. Ein kleiner (Durchmesser ca. 30 cm) flottierender prototypischer Bionischer Öladsorber kann mit sechs Adsorbtionstextil-Streifen stündlich umweltfreundlich, effizient und passiv bis zu 3 Liter Öl von einer Gewässeroberfläche entfernen.

Die hohe Effizienz der ersten Prototypen lässt eine zeitnahe industrielle Produktion für die Oil-Water-Separation erwarten. Das Projekt zeigt erneut, welche überraschenden materialwissenschaftlichen Innovationen aus der so ungenügend erforschten biologischen Vielfalt ableitbar sind.

Über 8.000 Bilder der erstaunlichen Vielfalt der Pflanzen und ihrer Oberflächen

Lotus und Salvinia sind nur zwei Beispiele von rund 280.000 bekannten Pflanzenarten. Alle sind in Jahren der Evolution in Mutation und Selektion funktional optimiert und bilden eine unerschöpfliche Quelle der Inspiration für Techniker und Materialwissenschaftler. Aus dem eigenen Archiv (W. Barthlott) von rund 300.000 Pflanzen-Bildern und rund 150.000 REM-Aufnahmen der Oberflächen stellen wir eine größere Auswahl bei Flickr (www.flickr.com/photos/lotus-salvinia/sets/) zur Verfügung.